Warengruppenstrategien

Leistung des Einkaufs transparent und erfolgreich steigern – Warengruppenstrategien richtig einsetzen

Eine Ausschreibung oder Anfrage durchführen stellt heute keine Herausforderung für einen Einkäufer da. Ist diese Vergabe konform zur Warengruppenstrategie? Klare Spezifikationen werden mit dem Beschaffungsmarkt abgeglichen, potenzielle Lieferanten ausgesucht und die Anfrage in den Markt gestellt. Über einen Preis (Kosten-) Vergleich wird das optimale Angebot ausgesucht und eine Bestellung vorbereitet.

Soweit so gut. Aber wie steht diese Vergabe zum Risiko- und Lieferantenmanagement? Wie passt die Vergabe zur Bündelungsinitiative des Einkaufs? Werden die Vorgaben an Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung des Unternehmens durch die Vergabe eingehalten? Hat ein anderer Standort den gleichen oder einen vergleichbaren Bedarf und könnte so an den neuen Preisen partizipieren? Und passt die Vergabe zu den Vorgaben der internen Logistik hinsichtlich Verpackungsgröße und Anlieferrhythmus?

Die Komplexität erfolgreicher Warengruppenstrategien

In den heutzutage stark vernetzten Strukturen innerhalb von Unternehmen und in den Lieferantennetzwerken sind neben dem Einzelpreis für einen Artikel oder eine Leistung viele Faktoren für einen erfolgreichen Einkauf zu beachten. Viele dieser Anforderungen ändern sich dabei nicht täglich, sondern bilden starke Leitplanken. Und werden diese durch den Einkauf eingehalten, erfolgt die Vergabe nicht immer an den günstigsten. Eine solche Vergabe irritiert dann den Kostenverantwortlichen, was dann durch den Einkauf erklärt werden muss. Ein weiterer Aufwand.

Dem ist eine Warengruppenstrategie (Materialgruppenstrategie) entgegenzusetzen, eine schriftlich fixierte Strategie, welche Ziele und Maßnahmen zur Optimierung einer Warengruppe definiert. Darin festgehalten werden die gewünschte Lieferantenstruktur, die Prozesse und Lieferketten, die Vorgaben an Produkt, Verpackung und Logistik. Aber auch die optimalen Beschaffungsmärkte und die Zielgrößen für Preise (Kosten) und die Kennzahlen, die den Einkaufserfolg bewertbar machen. Grundlagen sind dabei stets die Vorgaben aus der Einkaufsstrategie in einem klassischen Top-Down Prozess.

1.Transparenz über die Warengruppe erlangen

Eine Warengruppe bezeichnet eine sachlogische Zusammenfassung von Artikel oder Leistungen. Sie dient als Ordnungselement für die Zuordnung zu einer Gefahrenklasse, für das Reporting oder für die Verantwortlichkeit einer Einkäufergruppe. Es kann Warengruppen geben mit 3 Artikeln (z.B. Schmierstoffe) oder mit über 100.000 Artikel (z.B. C-Teile). Gleiches gilt für die Anzahl Lieferanten für die Warengruppe – nur ein Lieferant oder über 12 Monate über 1.000. Der Einkaufswert kann bei weniger als 1 % des Unternehmensumsatzes liegen oder bei 30 %.

Aufgrund der Heterogenität der Warengruppen ist eine gute Informationsbasis zur Entwicklung einer erfolgreichen Warengruppenstrategie notwendig. Anzahl Artikel, Lieferanten, Umsatzentwicklung und Preisentwicklungen sind die Basis. Herkunftsländer, Anzahl Bestellungen und Rechnungen, Preisunterschiede auf Artikelebene bei verschiedenen Lieferanten und Zahlungsbedingungen nur einige der weiteren sinnvollen Auswertungen.

Vorteil für den Einkauf: Jede Anfrage kann schnell in den Gesamtkontext gestellt werden.

Vorteil für das Unternehmen: Jede Warengruppe kann im Gesamtkontext verglichen werden

2. Expertenwissen aufnehmen und Strategie entwickeln

Einen Bericht schreiben, eine Strategie festhalten oder ein Positionspapier erstellen liegt nicht in der DNA eines jeden Einkäufers. Besonders nicht, wenn sich die Aufgaben auf dem Schreibtisch stapeln und interne Kunden auf Ihre Lieferungen warten. Der Vorteil einer strukturierten, einheitlichen Warengruppenstrategie für den Einkäufer macht diesen Aufwand schnell wieder wett. Denken Sie nur an einen aufgeräumten Schrank: Einmaliger Aufwand für das Aufräumen, bei jeder Nutzung direkter Zeitvorteil ohne suchen. Gleiches gilt für eine Warengruppenstrategie: Sie nehmen sich einmal die Zeit für die Erstellung und danach kommen nur noch Updates und Ergänzungen. Und als Einkauf hat man immer seine Rahmenbedingungen zur Hand. Struktur, Umfang und Inhalt sind von der Einkaufsstrategie abhängig und sollte nach dem Prinzip des Mehrwerts für jede Organisation hergeleitet werden.

Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist das Zusammenführen von Informationen an einer Stelle. Informationen über Märkte, Lieferanten und Artikel finden sich meistens an verschiedenen Stellen, in und auf verschiedensten Datenträgern. Und dazu kommt noch das Expertenwissen der Einkäufer in ihren Köpfen. Eines der Hauptprobleme, warum es bei Veränderungen, z.B. ein neuer Lieferant, zu Problemen kommt, ist das fehlende Betrachten von Expertenwissen. Bei gewachsenen Lieferantenbeziehungen sind nicht alle Regeln dokumentiert, und das führt zu Problemen bei einem Lieferantenwechsel.

Vorteil für den Einkauf: Festgelegte Rahmenbedingungen in einer Warengruppen

Vorteil für das Unternehmen: Expertenwissen konserviert, klare Vorgaben für den Einkauf

3. Mit Warengruppenstrategien den Erfolg steigern

Warengruppenstrategien bilden die Grundlage für zielgerechte Maßnahmen zur Optimierung von Kosten, Prozessen und Strukturen. Eine Standardisierung und Bündelung über mehrere Standorte bedingen eine einheitliche Strategie und die Zusammenarbeit der Einkaufsteams.

Kosten- und Effizienzziele basieren auf den definierten Strategien für die Warengruppe. Wurde als Ziel definiert, die Anzahl der Lieferanten deutlich zu reduzieren, um Bündelungseffekte bei Preisen und in der Logistik zu erhalten, muss ein solches Ziel erstmal festgelegt werden. Über die Warengruppestrategie als Umsetzung der Einkaufsstrategie werden somit die Kostensenkungshebel gesetzt und bestimmt. Und das für jede Warengruppe individuell. Kostensenkung ist immer abhängig von der Ausgangssituation.


Vorteile von Warengruppenstrategien für den Einkauf und das Unternehmen:

  • Die notwendige Datentransparenz zeigt bereits Optimierungsbereiche
  • Ein internes und externes Benchmarking wird ermöglicht
  • Expertenwissen wird konserviert und steht anderen zur Verfügung
  • Einkäuferteams (national und international) lassen sich einfacher steuern
  • Nachfragen von Führungskräften und internen Bedarfsträgern zur Warengruppenstrategie lassen sich auf einen Blick erklären
  • Initiativen und Maßnahmen lassen sich besser priorisieren und mit Nachdruck umsetzen
  • Entwicklungen auf der Zeitachse (z.B. Preisentwicklungen) und die Maßnahmen sind bei Rückfragen transparent
  • Im Einkauf wird eine Sprache gesprochen (Stellhebel, Regionen, Märkte, Initiativen, Maßnahmen, Erfolg, …)

 

Oliver Kreienbrink

Managing Director, ADCONIA GmbH