Agiler Einkauf

Schnelle Änderungen, kurze Reaktionszeiten – agiler Einkauf als Lösungsansatz

Die Angst vor einem weiteren Lock-Down durch das Corona-Virus und das damit verbundene Versorgungsrisiko stellt den Einkauf vor eine enorme globale Herausforderung. Wie kann ein Unternehmen jederzeit adäquat auf die neusten Ereignisse reagieren?

Das Ziel Kosten zu senken steht weiter oben auf der To-Do-Liste, jedoch nicht mehr an der obersten Stelle. Die Prioritäten verschieben sich tagtäglich, denn aktuell ist das oberste Ziel die benötigten Materialien, ob Rohstoffe, Zulieferteile oder gesamte in ausreichendem Maße zur Verfügung zu haben oder abrufen zu können. Mehrmals täglich gibt es neue Meldungen zu Corona-Risikogebieten, Grenzschließungen und Ausgangssperren. Wenn Einkäufer nicht spontan und kurzfristig auf Änderungen reagieren besteht die Gefahr, dass es zu Materialengpässen kommt und die eigene Prodiktion ins Stocken gerät, da die Lieferketten nicht stabil und breit genug aufgestellt sind. Seit Covid-19 beginn, Anfang des Jahres, sollten alle Unternehmen bereits Ihr globales Risikomanagement mit Blick auf die Supply Chain Sicherheit angepasst und einen „Notfallplan“ zur Hand haben.

Theorie vs. Praxis

Die Theorie ist schön und gut und jeder weiß, was hätte getan werden sollen. Wir wissen jedoch auch, dass die Realität in den letzten Monaten oft anders aussah:

  • Feuer löschen beim ersten Lockdown, um eine Notversorgung zu sichern
  • teilweise Produktionsstopps oder Betriebsschließungen für einige Wochen
  • Erstellung von Arbeitsplatznutzungs- und Hygienekonzepten
  • Schaffung einer digitalen Infrastruktur für Homeoffice-Arbeitsplätze

Seither sind einige Monate vergangen und es hat sich eine neue Normalität mit neuen Arbeitsplatzbelegungen, digitalisierten Prozessen und angepassten Kernaufgaben etabliert. Und kaum kehrt etwas Ruhe in den Arbeitsalltag ein, scheint von heute auf morgen die Wirtschaft erneut zusammen zu brechen.

Die Schonzeit ist vorbei und wer nun nicht auf ad hoc Änderungen der Rahmenbedingungen ebenso schnell reagiert, läuft Gefahr in eine noch tiefere wirtschaftliche Krise zu stürzen und diese ggf. nicht zu überstehen.

Das agile Manifest als Problemlösungsansatz

Bei kleinsten Risikoindikatoren muss schnell präventiv gehandelt werden. Erfolgreich dafür hat sich der agile Einkauf gezeigt. Agiler Einkauf basiert dabei auf gleichen Grundregeln wie das Agile Projektmanagement: Kleine Ziele erreichen, gemeinsam an der Zielerreichung arbeiten und nicht erfolgreiche Ansätze beenden.

Zwar ist das agile Manifest nicht neu und stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung, jedoch sind die Werte und Prinzipien immer noch aktuell und lassen sich deshalb auch auf die Einkauf-Lieferanten-Beziehung anwenden:

  • Die Zufriedenheit, Sicherung der Geschäftsfähigkeit, der Kunden (beide Seiten) steht an oberster Stelle.
  • Die sich schnell verändernden Rahmenbedingungen innerhalb eines Projektes müssen immer beachtet und zugunsten des Kunden angepasst werden.
  • Dienstleistungen, Services oder zum Produkt werden in kürzeren regelmäßigeren Zeitspannen Updates geliefert, die Projektarbeit erfolgt in Meilensteinen.
  • Die enge Kooperation zwischen Einkauf und Lieferanten muss täglich erfolgen.
  • Die Teams erhalten für die Arbeit die notwendigen Tools und bleiben zu jeder Zeit motiviert, um konstant gute Ergebnisse zu liefern.
  • Regelmäßige Meetings von Angesicht zu Angesicht für den schnellen Erfolg, in Covid-19-Zeiten natürlich als Videokonferenz.
  • Ein fertiges funktionierendes Endprodukt (z.B. eine stabile Lieferkette) ist der Maßstab für den Erfolg.
  • Durch agile Prozesse soll die Versorgungssicherheit im Akutfall und nachhaltig gesichert werden.
  • Die Steigerung der Agilität durch den Fokus auf technische Exzellenz und ein angemessenes Design.
  • Die Arbeitsprozesse so simpel wie möglich halten.
  • Selbstorganisation und das Erarbeiten eigener Strukturen sollte für die Teams im Fokus stehen.
  • Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung der Teamarbeit.

Agiler Einkauf angewendet in einer Einkauf-Lieferanten-Beziehung führt sehr schnell zu Erfolgen. In dem man für die verschiedenen Risikofaktoren eigene Teams aufstellt und durch die übergreifende Kommunikation den Austausch sicherstellt, werden Ansatzpunkte Risiken innerhalb der Supply Chain zu vermeiden schnell deutlich.

Ein offener Austausch und eine konstruktive Zusammenarbeit beider Seiten sind die Bedingung für den Erfolg. Als Kunde sind die jeweiligen Geschäftsführungen zu definieren. Zielsetzung ist die Sicherstellung der Supply Chain bei optimalem Ertrag und Sicherheit für alle Beteiligten. Durch die gemeinsame Betrachtung und kurzfristige Reaktion lassen sich in kurzer Zeit die wichtigsten Risikofaktoren identifizieren. Allerdings nur, wenn beide Seiten sich an die Regeln des agilen Manifestes halten und entsprechend bereit sind für die notwendige Transparenz und die gemeinsame Verantwortung. Der agile Einkauf hilft Ihnen.

Oliver Kreienbrink

Managing Director, ADCONIA GmbH

Sinja Krauskopf

Consultant, ADCONIA GmbH