Cradle to Cradle: durch Kreislaufwirtschaft nicht nur den CO² Footprint optimieren, sondern auch einen Werterhalt schaffen

Das Ressourcen immer knapper werden und Material nicht unendlich verfügbar ist, ist weder ein Geheimnis noch eine Offenbarung. Der Umschwung auf nachhaltige Materialien und nachwachsende Rohstoffe ist daher logisch und sinnvoll. Oftmals ist dies in Design und Funktion aber mit deutlichen Einschränkungen verbunden oder sogar technisch unmöglich. Die UN warnt davor, dass sich der jährliche globale Ressourcenverbrauch bis 2060 verdoppeln wird und die Treibhausgasemissionen weiter dramatisch ansteigen. Gleichzeitig schätzt die Weltbank, dass die weltweiten jährlichen Siedlungsabfälle bis 2050 um 70 Prozent gestiegen sein werden.

Vor fünf Jahren veröffentlichte die EU-Kommission den „EU Action Plan for the Circular Economy“, welcher den Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft in der EU fördern soll. Dass Europa erst am Anfang eines langfristigen Prozesses steht, verdeutlicht folgende Zahl: 2016 stammten durchschnittlich nur 12 Prozent der in der EU eingesetzten materiellen Ressourcen aus Recyclingprodukten und zurückgewonnenen Materialien. Aber haben wir in den letzten fünf Jahren hier Geschwindigkeit aufgenommen?

Was sich im Markt entdecken lässt ist der Wille, großartige Ideen und Lösungsansätze sowohl in der Verfahrenstechnik zur Herstellung und Nutzung von recyceltem Material aber auch bei der Aufbereitung, Materialtrennung und -rückgewinnung. Jedoch gehören mehr Schritte dazu, um den Kreislauf zu schließen. Und nicht zuletzt kommt es auf die Akzeptanz der Kunden an sich von dem Dogma: „Neu ist immer besser“ zu entfernen und damit auch die Unternehmen und Produzenten zu einem Umdenken zu zwingen. Aber es gibt noch einige Herausforderungen zu meistern, die im Folgenden einmal beleuchtet werden sollen.

Wie haltbar und recyclefähig sind Produkte?

Mit Blick auf die abfallwirtschaftliche Seite der Circular Economy – dem Recycling – gehört Deutschland zu den Vorreitern in der EU. Bezüglich der Themen Abfallvermeidung, lange Produktnutzungsdauer, recyclingfreundliche Produktgestaltung sowie Materialeffizienz zeigt sich, dass Deutschland, wie Gesamteuropa, noch große Entwicklungspotenziale aufweist.

Ein interessanter Aspekt ist sicherlich auch die räumliche Diskrepanz zwischen dem Ort der ursprünglichen Produktion und somit dem möglichen Ort der Wiederverwendung des Materials um einen engen Kreislauf sicher zu stellen sowie anderseits dem Ort der Verwendung und dem mutmaßlichen nahegelegenen Ort der Sammlung. Ist der Recyclingprozess auch dafür da diese räumliche Distanz zu schließen.

Nicht vergessen sollte man die erschwerte Trennbarkeit von Materialien. Da unter Kostengesichtspunkten das Design und die Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt immer mehr zu Verbundmaterialien und Komponenten getrieben wurde, ist es sehr schwer diese Materialien dann im Recyclingprozess sortenrein voneinander zu trennen und weiter zu verwenden. Dies muss im Design Prozess neu gedacht werden und eine Recyclingfähigkeit und auch Einsatz von bereits recyceltem Material sollte in jedem Briefing enthalten sein. Dabei sollte möglichst ein Funktions- und Performanceverlust vermieden werden.

Am Beispiel von Haushaltselektronik werden die Stimmen ja immer lauter, dass die Geräte von Beginn an nur auf eine bestimmte Lebensdauer festgelegt sind und danach weggeschmissen werden sollen, um einen neuen Kauf auszulösen. Dabei soll aber trotzdem eine so hohe Kundenzufriedenheit generiert werden, dass die Kunden in jedem Fall der Marke und dem Absatzweg treu bleiben. Als noch weniger Komplexität in den Geräten vorhanden war, waren Wiederverwendung und Reparatur normale Themen und wurden teilweise im klassischen Bastelkeller noch selbst umgesetzt. Die Reparaturfähigkeit von Geräten wird auch hier wie schon die Trennbarkeit von Materialien durch den Kostendruck und optimiertes Design verhindert. Teilweise ist eine Reparatur nicht wirtschaftlich darstellbar, da beim Versuch der Reparatur mehr Schaden angerichtet werden würde, um an die zu reparierenden Teile zu kommen und der Fehler dann zusätzlich schlimmstenfalls in einer Komponente auftaucht, die nur als Ganzes austauschbar ist.

Wie wird der CO² Footprint berechnet?

Wenn wir diese Themen in zukünftigen Generationen von Produkten nun lösen, stellt sich aber noch die Frage der Messbarkeit und Erfolgsdarstellung. Einerseits kann man sicherlich die reduzierte CO² Menge bemessen, die bei gleichem Betrachtungszeitraum, sich durch Aufbereitung und Recycling ergibt gegenüber der kompletten Neuschöpfung. Jedoch ist der Wert den heute CO² aus politischer Initiative bekommt wahrscheinlich leider nicht ausreichend, um die möglichen Zusatzkosten für reparaturfähiges und recyclingfähiges Design auszugleichen. Sinnvoll löst man sich aus der klassischen buchhalterischen Sichtweise, dass eine Investition nach einer gewissen Dauer der Nutzung abgeschrieben ist und somit nur noch einen obligatorischen Wert besitzt, sondern vielmehr den in der Investition verbauten Materialien einen Wert beimisst, die den knapper werdenden Rohstoffen auch entspricht. Also anstatt Wert zu vernichten indem Produkte einfach in den Abfall geworfen werden, wird Werterhaltung betrieben.

Nach Sicht auf die aktuelle Situation, den anstehenden Herausforderungen bleibt nur die Frage der Motivation zu klären. Hier ergeben sich vielschichtige Antworten in Abhängigkeit von der Perspektive aber auch den Wertevorstellungen und Kultur eines Unternehmens. Die einfachste Sicht ist der Druck des Marktes. Im Bereich der Konsumgüter wird der Druck durch die Verbraucher zur Abfallvermeidung, Klimaneutralität und „nachhaltigen“ Produkten immer größer. Das Paradoxon dabei ist jedoch, dass der Kunde seine Angewohnheiten und Verhaltensweisen vor allem nicht radikal ändern möchte. Dies geht von der gestiegenen Anzahl von Fleischersatzprodukten bis zur Kaffeekapsel. In einer etwas komplexeren Sichtweise darf man als langfristig denkendes Unternehmen auch nicht die möglichen Effekte einer Rohstoffknappheit außen vor lassen. Wann diese für den eigenen Produktbereich eintritt mag individuell sein doch den Krieg um Rohstoffe wird sich bei ansteigender Anzahl der Weltbevölkerung nicht verhindern lassen, wenn man nicht schon heute an mögliche alternative Quellen denkt und den Kreislauf versucht zu schließen.

Die Herausforderungen den Kreis zu schließen und die Abhängigkeit der möglichen Sammelmöglichkeiten wurde ja bereits in einem vorherigen Blockbeitrag betrachtet und soll an dieser Stelle lediglich erwähnt sein.

Um es zusammen zu fassen:

Der Wandel zu einer Circular Economy wird nicht von allein kommen, ist aber definitiv notwendig, um die Rohstoffknappheit langfristig zu umgehen. Wesentliche Hemmnisse sind höhere Kosten von hochwertigem Recycling und Aufbereitung im Vergleich zu anderen Abfallentsorgungsmöglichkeiten wie z. B. Müllverbrennung oder Downcycling, niedrige Preise für Primärrohstoffe sowie eine bislang zu geringe Nachfrage nach Recyclingprodukten.

Für eine erfolgreiche Umsetzung ist es zudem wichtig, dass alle Akteure des Wertschöpfungskreislaufs Verantwortung übernehmen und miteinander kooperieren – vom Produktdesigner und Produzenten über den Handel und den Konsumenten bis hin zu den Unternehmen der Recyclingwirtschaft.

Hier sollten heutige Unternehmenslenker weitsichtig agieren und heute schon die Weichen für mögliche Geschäftsfelder der Zukunft stellen und ihr aktuelles Portfolio kritisch prüfen. Die Analyse der Möglichkeiten und Einschätzung des möglichen Wegs in die Zukunft auch mithilfe Methoden wie der Regnose, hat Adconia bei einigen Kunden begleiten dürfen und sollten Sie dieses Thema für Ihr Unternehmen identifiziert haben, sprechen Sie uns doch gerne an.

 

Autor

Rainer den Ouden