Gregor van Ackeren

Gregor van Ackeren

Managing Direktor

Umsetzung Lieferkettengesetz

Die überwiegende Anzahl von Unternehmen ist in ein Netz von Zulieferern eingebunden. Eine systematische Transparenz über dieses Netzwerk, die dort herrschenden Arbeitsbedingungen und Ausrichtungen der Netzwerkteilnehmer ist in der Regel nur in sehr wenigen Unternehmen gegeben. Sie erfolgt dann aufgrund eigener Initiative. Das wird sich am 1. Januar 2023 dem sogenannten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), auch kurz Lieferkettengesetz genannt, ändern.

Auch wenn es für die unmittelbare gesetzliche Verpflichtung Schwellenwerte gibt, die sich an der durchschnittlichen Anzahl vom im Inland Beschäftigten orientiert (ab 01.01.2023 bei mehr als 3000 Mitarbeitern und ab 01.01.2024 schon ab mehr als 1000 Mitarbeitern), wird dieses mittelbar wesentliche Veränderung auch bei kleineren Unternehmen haben. Dieses ist durch die Gesetzessystematik implizit vorgegeben, die von den gesetzlich verpflichteten Unternehmen verlangt, die entsprechende Transparenz über die Lieferkette im eigenen Unternehmen und bei ihren unmittelbaren und ggfs. auch bei ihren mittelbaren Lieferanten detailliert einzufordern. Über dieses kaskadierende System werden auch kleinere Unternehmen in die Pflicht genommen, wenn sie an größere Firmen liefern.

Was will das Lieferkettengesetz?

Auf den ersten Blick sind die Ziele klar und verständlich: Keine Kinder- oder Sklavenarbeit. Keine ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse. Keine Umwelt – und gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen. Bezüglich dieser Zielsetzung dürfte sich kein Widerstand regen. Die möglichen Schwierigkeiten und auch ablehnende Reaktionen fokussieren sich eher hinsichtlich der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen.

In unserer global vernetzten Welt befinden sich die Geschäftspartner deutscher Unternehmen oft in weit entfernten Regionen der Welt. Dieses ist wirtschaftlich unvermeidbar und in der Regel – zumindest in der näheren Vergangenheit – auch politisch so gewollt. („Wandel durch Handel“) Doch inwieweit herrscht Transparenz darüber wie die Arbeitsbedingungen im Alltag bei den Zulieferern aussehen oder gar bei dessen Zulieferern. Und welche Maßstäbe sind bei der Bewertung anzusetzen. Deutsche Arbeitsschutzbestimmungen als globaler Maßstab? Wo und wie werden die benötigten Rohstoffe gewonnen? Und wie ist die altersmäßige Zusammenstellung der Arbeiterinnen und Arbeiter in einem Werk in dem mein Zulieferer eine „verlängerte Werkbank“ hat? Arbeiten dort unter Umständen auch Strafgefangene aus Arbeitslagern?

Wenn wir ehrlich sind, wissen wir es meistens nicht und schauen bei den manchmal unappetitlichen Aspekten einer globalen Wirtschaft auch bewusst nicht so genau hin. Das ändert sich nun mit dem Lieferkettengesetz. Unternehmen sollen in die Pflicht genommen werden darauf zu achten, wie ihre Lieferanten arbeiten. Und es entsteht eine Handlungspflicht, wenn Risiken im Sinne des Lieferkettengesetzes aufgedeckt werden oder wenn sogar konkrete Verstöße vorliegen.

Allerdings ist das Gesetz in seinen Umsetzungsbestimmungen und den daraus resultierenden Konsequenzen – vorsichtig ausgedrückt – recht schwammig. Es verpflichtet kein Unternehmen, z.B. wegen Menschenrechtsverletzungen im betreffenden Land die eigene Tätigkeit dort sofort und unmittelbar einzustellen. Die Reaktionen orientieren sich immer an einer nicht näher definierten „Angemessenheit“. Da es noch keine Präzedenzfälle gibt, bleibt abzuwarten wie die mit der Überwachung beauftragte BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) die Angemessenheit im Einzelfall auslegen wird. Verkürzt dargestellt ist es offenbar so, dass laut dem Gesetzestext es für Unternehmen genügt, zunächst Lieferanten in den entsprechenden Ländern auf Missstände anzusprechen, Abhilfemaßnahmen zu definieren und die entdeckten Risiken zu dokumentieren. Eine konkrete Frist, bis zu der ein Mangel zu beseitigen ist, unterlegt der Gesetzgeber wieder der Angemessenheit. Und diese referenziert wiederum auf die konkreten Umstände im Einzelfall und die Einflussmöglichkeiten des Unternehmens den Missstand zu beseitigen. Entscheidend ist demnach, dass die Unternehmen dokumentiert nachweisen können, dass sie sich ernsthaft um Verbesserungen bemühen.

In Hinblick auf mittelbare Lieferanten muss ein Unternehmen nur dann aktiv werden, wenn es einen konkreten Anlass gibt. Das bedeutet, das Unternehmen muss positive Kenntnis von einem Missstand haben oder – unter Betrachtung der tatsächlichen Umstände – hätte erlangen müssen, weil es z.B. offensichtlich war.

Was ist demnach zu beachten?

Unmittelbar gesetzlich verpflichtet sind ab 01.01.2023 Unternehmen, die in Deutschland mehr als 3000 Beschäftigte und ab 01.01.2024 mehr als 1000 Beschäftigte haben.

Zwingend müssen diese Unternehmen zur Erfüllung des Lieferkettengesetzes (LkSG) folgendes nachweislich prozessual und organisatorisch implementieren und nachweisen:

  • Risikomanagementsystem, um Risiken hinsichtlich möglicher oder bestehender Menschenrechtsverletzungen und/oder Umweltschäden frühzeitig zu erkennen
  • Verantwortliche Position im Unternehmen zur Durchführung benennen
  • Die Veröffentlichung eines unternehmerischen Selbstverständnisses zu den globalen Menschenrechten und den daraus abgeleiteten Handlungsmaximen im eigenen Unternehmen und seinen Lieferketten
  • Eine fortlaufende Dokumentation hinsichtlich der festgestellten Risiken und der eingeleiteten Maßnahmen
  • Erstellung eines jährlichen Berichts hierüber, der u.a. auch bei dem BAFA einzureichen ist
  • Empfohlen wird die Einrichtung eines Menschenrechtsbeauftragten
  • Einrichtung eines Beschwerdemanagements, dass Anonymität garantiert und auch für Mitarbeiter von Zulieferern erreichbar ist, damit mögliche Missstände gemeldet werden können

Verstöße gegen das Lieferkettengesetz werden teuer

Die Bußgelder für die direkt betroffenen Unternehmen betragen bis zu 8 Millionen Euro oder 2 Prozent des weltweiten Umsatzes. Viele kleinere KMU sind jedoch indirekt von dem Gesetz betroffen. Sobald sie Zulieferer von größeren Unternehmen sind, geraten sie automatisch in deren Fokus und müssen Risiken und Gefahren offenlegen. Wenn sie den gesetzlichen Anforderungen nicht nachkommen, riskieren sie, ihre Kunden zu verlieren.

Großunternehmen und Konzerne sind in der Umsetzungsvorbereitung in der Regel schon weit fortgeschritten und haben neue Zuständigkeiten und Ressourcen festgelegt. Die Hoffnung vieler mittelständischen Unternehmen, man können „unter dem Radar“ bleiben ist allerdings trügerisch. Zwar unterliegen sie bis auf Weiteres tatsächlich keiner gesetzlichen Verpflichtung, wenn sie die Schwellenwerte an Mitarbeitern nicht übersteigen (Vorsicht! Leiharbeitnehmer werden mitgerechnet, wenn sie länger als 6 Monate im selben Unternehmen beschäftigt sind und Teilzeitmitarbeiter werden „voll“ gezählt). Große Unternehmen werden ihre gesetzlichen Verpflichtungen innerhalb der Lieferkette kaskadierend weitergeben.

Wir erleben seit Mitte des Jahres 2022 eine erhebliche Unsicherheit bei vielen unserer Geschäftspartner, wie man konkret vorgehen soll. Ja, es ist initial mit einem Aufwand verbunden, die Systematik prozessual aufzusetzen und zu verankern. Aber es gibt hierfür exzellent ausgearbeitete Ansätze, Methoden und Tools. Einmal umgesetzt sind sie so konzipiert, dass gerade im Mittelstand die Ausführung durch die bestehende Organisation ohne unzumutbaren Mehraufwand geschehen kann. Unserer Erfahrung nach wird ein zusätzlicher Overhead oder eine Überlastung der bestehenden Organisation durch eine frühzeitige professionelle externe Begleitung vermieden.