Maverick buying

Maverick Buying – der Feind in den eigenen Reihen

Grundlegende Aufgabe einer jeden Einkaufsabteilung ist die Beschaffung der vom Unternehmen benötigten Güter oder Dienstleistungen in der erforderlichen Menge und Qualität zum richtigen Zeitpunkt und Ort mit den bestmöglichen Konditionen – soweit das kleine BWL-Einmaleins. Dabei geht es nicht nur darum, Bestellungen bei den Geschäftspartnern zu platzieren, sondern zunächst um den Aufbau von Strategien und Prozessen, auf deren Grundlage und unter deren Rahmenbedingungen die operative Beschaffung aufgebaut ist. Im Rahmen von beispielsweise Lieferanten-, Warengruppen- und Risikomanagement finden die diversesten Faktoren Berücksichtigung und werden dabei stets in einem gesamtunternehmerischen Kontext betrachtet und bewertet.

Alles könnte danach seine geregelten Wege gehen, wäre da nicht der Feind in den eigenen Reihen: Abteilungen und Bedarfsträger, die eigenmächtig Waren und Dienstleistungen kaufen, ohne dabei den Einkauf (rechtzeitig) zu involvieren und die Einkaufsregeln des Unternehmens zu befolgen. Wir sprechen hier von Maverick Buying, auch wilder Einkauf genannt. Deutschlandweit liegt die Maverick Buying Quote bei durchschnittlich 25,6 Prozent, so das Ergebnis einer Studie der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Die Quote erfasst alle Bestellungen, die ohne Einbindung des Einkaufs getätigt werden, und setzt diese in Bezug zum Gesamt-Einkaufsvolumen. Häufig betroffen sind hierbei mittelständige Unternehmen oder indirekte Warengruppen.

Das Warum und seine Folgen

Gründe für Maverick Buying sind vielfältig: Zum einen können dies die fehlende Kenntnis der Mitarbeiter über die bestehenden Beschaffungsprozesse sein oder schlichtweg deren Unwille, diese zu nutzen, weil sie nicht auf die Einkaufsabteilung und deren Kompetenz bzw. die der gesetzten Lieferanten vertrauen, weil sie die Prozesse als für sie umständlich betrachten, weil sie eine höhere Geschwindigkeit für einen dringenden Bedarf benötigen oder weil sie im Einzelfall tatsächlich einen besseren Preis erwirken. Die Total Costs of Ownership fließen in den seltensten Fällen in die Bestellentscheidung ein, ebenso wenig wie entstehende zusätzliche Prozesskosten oder Risikogesichtspunkte. Oft ist es so, dass die Maverick Buyer fokussiert auf ihre eigene Situation nur ihren individuellen Vorteil wahrnehmen und sich nicht der Konsequenzen ihres Handelns für das gesamte Unternehmen bewusst sind oder diese willentlich in Kauf nehmen.

In Folge des Maverick Buying kommt es zu unabgestimmten Prozessen und Probleme in den nachgelagerten Schnittstellen, beispielsweise in der Warenannahme und der Kreditorenbuchhaltung. Oft ergeben sich schlechtere Preise für die eingekauften Waren und Dienstleistungen aufgrund kleiner Bestellmengen und mangelnder Verhandlungskompetenz bzw. die Nicht-Nutzung rahmenvertraglich definierter Konditionen. Eine fehlende Transparenz über Bestellvolumina sowie nicht gebündelte Bedarfe sorgen darüber hinaus für eine geschwächte Position des Einkaufs gegenüber dem Markt. Nicht zuletzt birgt Maverick Buying ein erhöhtes Risiko aufgrund einer nicht ausreichenden Qualifizierung der genutzten Lieferanten oder einer steigenden Korruptionsgefahr.

Keine Chance dem wilden Einkauf!

Es gilt also klar, Maverick Buying zu verhindern! Der Einkauf muss in alle Beschaffungsvorgänge rechtzeitig eingebunden werden, um negative Effekte für das Unternehmen zu minimieren. Hierbei ergeben sich verschiedene Ansätze:

  1. Kommunikation

Zur Minimierung der Unkenntnis von Mitarbeiter über bestehende Einkaufsprozesse, -regeln und -verantwortlichkeiten sind diese klar zu formulieren und zu kommunizieren, beispielweise in Form einer Einkaufsrichtlinie. Darüber hinaus sollten allen Beteiligten die Ansprechpartner im Einkauf bekannt sein.

  1. Verständnis für die Prozesse schaffen

Das aktive Einkaufsmarketing bildet einen wichtigen Grundstein, um das Verständnis für die Prozesse, ihrer Vorteile und dadurch ihre Akzeptanz im Unternehmen zu fördern. Hierbei gilt es, über das Wirken des Einkaufs sowie seine Erfolge transparent und nachvollziehbar zu informieren und den Kollegen dadurch den Nutzen für sich und das Unternehmen im Ganzen bewusst zu machen.

  1. Simplifizierung

Durch die Vereinfachung von Prozessen steigt gleichzeitig ihre Akzeptanz in der Belegschaft. Größtes Potenzial liegt hier in der Digitalisierung, beispielsweise durch die Implementierung von Einkaufsplattformen wie sie jeder aus seinem privaten Umfeld bereits kennt. Diese ermöglichen den regelkomformen Direkteinkauf durch die Bedarfsträger ebenso wie die unkomplizierte Abbildung von (Genehmigungs-)Workflows.

  1. Aktive Verfolgung

Letztlich hilft eine konsequente Überwachung des Maverick Buying und die Sanktionierung von Verstößen bei der Reduzierung. Mit Hilfe einer Betrachtung der Maverick Buying Quote im Zeitverlauf lässt sich die Wirkung von Maßnahmen überwachen.

 

Jessica Murawski

Consultant. ADCONIA GmbH