Agiles Supply Chain Management

Wie Agiles Supply Chain Management hilft ein Kostenoptimum zu erzielen

5% Kostensenkung jedes Jahr sind irgendwann nur noch 3% – Pauschalisierte Kostensenkungsprogramme funktionieren einmal, vielleicht auch zweimal. Kostentreiber identifizieren und eliminieren funktioniert immer mit Blick auf Innovationen und Marktentwicklungen.

Viele Einkäufer stehen aktuell wieder vor der Aufgabe, die Ziele der Abteilung auf Ihre Warengruppen herunter zu brechen und die geforderten Kostensenkungsziele umzusetzen. Das ist eine der Kernaufgaben jeder Einkaufsabteilung, fällt aber mit Blick auf das Tagesgeschäft, auf die Abhängigkeit von Lieferanten, mit Blick auf Versorgungssicherheit und Risikomanagement immer schwer. Besonders wenn man schon länger für eine Warengruppe verantwortlich ist, wird die Frage nach dem Wie? immer schwieriger. Betrachtet man ein Kostenniveau von 100 sind 5% auch 5% Kostensenkung. Ist man über die Jahre aber bereits bei 85% Kostenniveau angekommen, durch jährliche Verhandlungen und Ausschreibungen, sind 5% nur noch 4,3% Kostensenkungen. Und aufgrund einer unveränderten Gesamtsituation wird jeder weitere Prozentpunkt umso schwieriger zu holen.

Und die Wahrnehmung, bereits alles gemeinsam mit dem Lieferanten hinterfragt zu haben, alle Kostenziele erreicht zu haben, führt zu einer abwehrenden Haltung gegenüber neuen Zielen. Mit naheliegenden Auswirkungen auf die Motivation.

Agiles Supply Chain Management bietet Lösungen

Doch wie kann der Einkauf diesen Trichter der immer geringer werdenden Kostensenkungen durchbrechen. In Einkäufermärkten durch Wettbewerb, durch stetige Ausschreibungen und durch Best Price Vergaben. In Lieferantenmärkten und bei sensiblen Beschaffungsobjekten durch Bündelung, durch Optimierung der Supply Chain oder durch lange Vertragslaufzeiten. Sind diese Hebel ausgeschöpft, eben wenn man bereits seit Jahren mit Lieferanten zusammenarbeitet, werden die Ansätze weniger. Und dann gilt: jeder weitere Prozentpunkt an Kostensenkungen tut weh, kostet Zeit und Aufwand und ist nur schwer durchzusetzen. Wie kann ein Agiles Supply Chain Management hier helfen?

Anhand der gewählten Wörter und Begriffe lässt sich hier bereits einer der Hauptgründe für den Trichter der kleiner werdenden Einsparungen aufzeigen: ausgeschöpft, schwer durchzusetzen. Die klassische Einkauf-Lieferant-Beziehung basiert auf gegenseitigem Druck, auf Intransparenz und auf eigenem Vorteil. Ausgehend von der Spieltheorie versuchen beide Seiten ihren Korridor möglichst breit zu gestalten, durch überhöhte Forderungen nach Preissteigerungen (Vertrieb) und nach Preissenkungen (Einkauf). Ein gutes Ergebnis für beide Seiten würde keiner der Seiten eingestehen, gegenüber der eigenen Peer-Group hat man immer das maximale herausgeholt.

Diesen Status der Einkauf-Lieferanten-Beziehung verhindert aber die Erzielung der optimalen Kosten in der Lieferkette. Kosten entstehen in jeder Lieferkette, sei es durch Material, durch Bearbeitung, durch Verwaltung oder Logistik. Einen optimalen Preis erzielen alle Beteiligten der Lieferkette nur durch eine Betrachtung aller Kosteneinflussfaktoren und deren Bewertung. Erfolgreich dafür hat sich das Agile Supply Chain Management gezeigt. Agiles Supply Chain Management basiert dabei auf gleichen Grundregeln wie das Agile Projektmanagement: Kleine Ziele erreichen, gemeinsam an der Zielerreichung arbeiten und nicht erfolgreiche Ansätze auch beenden. Wichtige Methoden dabei sind SCRUM, Design Thinking und Kanban.

Das agile Manifest

Zwar ist das agile Manifest schon einige Jahre alt und bezieht sich primär auf die Softwareentwicklung, nichts desto trotz sind die darin enthaltenen festgelegten Werte und Prinzipien immer noch aktuell und lassen sich deshalb auch auf die Einkauf-Lieferanten-Beziehung anwenden.

  • Die Zufriedenheit der Kunden (beide Seiten) steht an oberster Stelle.
  • Die sich schnell verändernden Rahmenbedingungen innerhalb eines Projektes müssen immer beachtet und zugunsten des Kunden angepasst werden.
  • Dienstleistungen, Services oder zum Produkt werden in kürzeren regelmäßigeren Zeitspannen Updates geliefert, die Projektarbeit erfolgt in Meilensteinen.
  • Die enge Kooperation zwischen Einkauf und Lieferanten muss täglich erfolgen.
  • Die Teams erhalten für die Arbeit die notwendigen Tools und bleiben zu jeder Zeit motiviert, um konstant gute Ergebnisse zu liefern.
  • Regelmäßige Meetings von Angesicht zu Angesicht für den schnellen Erfolg.
  • Ein fertiges funktionierendes Endprodukt (z.B. eine Innovation oder auch ein Vertrag) ist der Maßstab für Erfolg.
  • Durch agile Prozesse soll die Kostenoptimierung nachhaltig erfolgen.
  • Die Steigerung der Agilität durch den Fokus auf technische Exzellenz und ein angemessenes Design.
  • Die Arbeitsprozesse so simpel wie möglich halten.
  • Selbstorganisation und das Erarbeiten eigener Strukturen sollte für die Teams im Fokus stehen.
  • Regelmäßige Überprüfung und Verbesserung der Teamarbeit.

Agiles Supply Chain Management angewendet in einer Einkauf-Lieferanten-Beziehung führt sehr schnell zu Erfolgen im Kostenmanagement. In dem man für die verschiedenen Kostentreiber eigene Teams aufstellt und durch die übergreifende Kommunikation den Austausch sicherstellt, werden Ansatzpunkte Kosten innerhalb der Supply Chain zu vermeiden schnell deutlich.

Bedingt aber auch einen offenen Austausch und eine konstruktive Zusammenarbeit beider Seiten. Als Kunde sind die jeweiligen Geschäftsführungen zu definieren. Zielsetzung ist die Sicherstellung der Supply Chain bei optimalem Ertrag und Sicherheit für alle Beteiligten. Durch die gemeinsame Betrachtung und kurzfristige Reaktion (z.B. als Test) lassen sich in kurzer Zeit die richtigen Kostenhebel identifizieren. Allerdings nur, wenn beide Seiten sich an die Regeln des agilen Manifestes halten und entsprechend bereit sind für die notwendige Transparenz und gemeinsame Verantwortung.

Ein agiles Beispiel aus dem Einkauf

Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der optimale Bestand entlang der Supply Chain bei gleichzeitig hoher Lieferfähigkeit. Bei einem gegenseitigen Mistrauen wird ein Forecast-Prozess zwar sicher einen Mehrwert generieren, so richtig wird sich aber keine der Seiten auf dieses Mittel verlassen. Der Einkauf wird die Zahlen immer positiv oben halten zur Sicherstellung der Versorgung. Unabhängig vom Forecast werden trotzdem noch Bestellungen ausgelöst (zur Absicherung) und jede Mengenänderungen tagesaktuell festgehalten (Reklamationsgrund). In einem solchen Modell ist ein Forecast nett. Mehr nicht.

Setzen ich z.B. im Rahmen eines Agilen Supply Chain Management eine tägliche SCRUM-Runde für das Thema Mengenplanung ein und verzichtet deswegen auf Einzelbestellungen (es gilt die tägliche gemeinsame Planung), haben beide Seiten einen viel besseren Grund sich aktiv um dieses Modell zu bemühen. Kommt es zu Abweichungen, wird dieses für beide Seiten schnell deutlich und frühzeitig zu erkennen.

Durch eine konfrontative Einkauf-Lieferanten-Beziehung werden Kostenziele bis zu einer Haltelinie erreicht, die durch Verhandlungsgeschick noch zu erreichen ist. Will man Kosten in der Supply Chain eliminieren, müssen beide Seite auf Basis des Agilen Manifestes zusammenarbeiten. Dann kann auch die untere Haltelinie unterschritten werden. Mit Vorteilen für beide Seiten.

 

Oliver Kreienbrink

Managing Director, ADCONIA GmbH