Zero Waste

Zero Waste: Müllvermeidung geht heutzutage jeden etwas an

Weit entfernt von Zero Waste – während in den 50er Jahren noch knapp 1,5 Mio. Tonnen Plastik pro Jahr produziert wurden, sind es heute fast 400 Mio. Tonnen weltweit. Mehr als 10 Millionen Tonnen Abfälle gelangen jährlich in die Meere, von denen etwa 75 Prozent aus Kunststoff bestehen. Über die Hälfte der Kunststoffabfälle in Deutschland wiederum setzt sich aus Verpackungen zusammen, deren Menge sich allein in den letzten 20 Jahren annähernd verdoppelt hat. Gründe sind unter anderem die Zunahme von Industrieverpackungen bei Obst und Gemüse (+ 94 bzw. 186 % zwischen 2000 und 2016), von To-Go-Verpackungen und Plastikgeschirr sowie von Einweggetränkeflaschen. Darüber hinaus landen jährlich etwa 1.000 Tonnen Mikroplastik aus Kosmetikprodukten und Putzmitteln in den Abwassersystemen und damit in den Ozeanen. Neben der physischen Gefahr für die Meerestiere durch Plastik, das sie fressen und daran verenden oder in dem sie sich tödlich verfangen, geraten Partikel des Müllbergs durch Zersetzungsprozesse in das Wasser und damit die Nahrungskette von Tier und Mensch. Bereits heute gelangen in Abhängigkeit von Person und Ort über die Aufnahme von Wasser, Nahrung und Luft bis zu 5 Gramm Plastik pro Woche in den menschlichen Körper, wie eine Studie im Auftrag des WWF ermittelte.

Doch warum landet der Müll überhaupt in den Meeren? Werden die Abfälle denn nicht der Kreislaufwirtschaft zugeführt? Daten des NABU zu Folge wird nur etwa die Hälfte der Abfälle durch Kunststoffverpackungen tatsächlich recycelt, der Rest wird der thermischen Verwertung zugeführt. Technisch wäre mehr Recycling möglich, wirtschaftlich jedoch nicht rentabel. In der Recyclingquote enthalten: Etwa ein Sechstel des in Deutschland produzierten Plastikmülls wird exportiert, überwiegend in asiatische Länder. Diese verfügen jedoch nicht über eine ausreichende Recyclinginfrastruktur, so dass der Müll dort meist verbrannt oder deponiert wird. Hinsichtlich des Themas Mikroplastik bleibt zu ergänzen, dass Kläranlagen nicht in der Lage sind, die betreffenden Partikel vollständig aus dem Wasser zu filtern – mindestens drei Prozent gelangen in die Umwelt.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Die Gesellschaft hat erkannt, dass eine Veränderung erfolgen muss, um den Planeten nicht weiter dauerhaft zuzumüllen. Derzeit findet ein verstärktes Umdenken des Konsum- und Wegwerfverhaltens statt. Auch zunehmende Vorgaben der Politik sollen zur Vermeidung von Kunststoffabfällen beitragen. Zero Waste heißt hier das Stichwort. Die offizielle Definition der Zero Waste International Alliance (ZWIA) lautet: „Die Bewahrung aller Ressourcen mittels verantwortungsvoller Produktion, Konsum, Wiederverwendung und Rückgewinnung von Produkten, Verpackungen und Materialien ohne Verbrennung und ohne Absonderungen zu Land, Wasser oder Luft, welche die Umwelt oder die menschliche Gesundheit bedrohen.“ Konkret bedeutet Zero Waste zum einen die weitestgehende Vermeidung von (Plastik-) Abfällen vor dem Hintergrund der Ressourcenschonung, zum anderen eine nachhaltigere Kreislaufwirtschafts-Philosophie.

Die Kunststofftragetasche ist hier ein gutes Beispiel: Sie benötigt 10 bis 20 Jahre, um vollständig zu zerfallen. Ende April 2015 verabschiedete die EU-Kommission eine Richtlinie zur Reduzierung von Plastiktüten. Demnach soll der Verbrauch in der EU bis Ende 2019 auf 90 Tüten pro Person zurückgehen, bis 2025 auf 40 Stück. Dank der Selbstverpflichtung einiger Händler Plastiktüten nicht mehr gratis anzubieten sank der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bereits 2017 auf 29 Stück.

Weitere Beispiele: 2014 eröffnete der erste Unverpackt-Laden Deutschlands in Kiel, im Mai 2019 konnten bundesweit bereits mehr als 100 Geschäfte dieser Art gezählt werden. Die Tendenz ist steigend, denn das Interesse der Bevölkerung am verpackungsfreien Einkauf ist groß. Auch das Anfang des Jahres durch das EU-Parlament auf den Weg gebrachte Verbot von Einweg-Plastikmüll wie Strohhalmen, Trinkbechern und Kunststoffgeschirr ab 2021 ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer ressourcenschonenderen Gesellschaft. Darüber hinaus gibt das Verpackungsgesetz, das kürzlich die bisher geltende Verpackungsordnung ablöste, eine Recyclingquote für Kunststoffverpackungsabfälle von 63 Prozent in Deutschland für das Jahr 2022 vor.

Zero Waste in der Wirtschaft

Sei es aufgrund des Verlangens der Gesellschaft nach mehr Nachhaltigkeit und des dadurch entstehenden öffentlichen Drucks auf die Industrie, seien es gesetzliche Auflagen oder freiwillige Selbstverpflichtungen: Zero Waste hat zwangsläufig weitreichende Auswirkungen auf das wirtschaftliche Leben. Wenngleich der Anteil des Plastikmülls durch industrielle Abfälle mit 16 % verhältnismäßig gering ausfällt, stehen Unternehmen ebenso wie die Politik und der Verbraucher in der Pflicht, ihren Beitrag zur Abfallreduzierung zu leisten. Hier kommen beispielsweise die Vermeidung von Produktions- und Logistikabfällen in Betracht oder die vermehrte Nutzung von Recycling-Materialien innerhalb der Produktion. Weitere Ansatzpunkte sind die Entwicklung von Konzepten im Bereich des Ökodesigns von Verpackungen oder der Verzicht von Mikroplastik und gelösten Polymeren in Drogerieartikeln.

Das Thema Zero Waste wird uns auch in Zukunft intensiv begleiten. Gerne stehen Ihnen unsere Experten für einem Austausch zur Verfügung.

 

Gregor van Ackeren

Managing Director, ADCONIA GmbH (Oberhausen)

Jessica Murawski

Consultant, ADCONIA GmbH (Oberhausen)