Warum der Einkauf auch die Beschaffung von Wissenskapital können muss!

Die Digitalisierung von Prozessen sowie die steigende Flexibilisierung von Entwicklungs- und Produktionsprozessen führt aber immer stärker zu einer neuen Kategorie von Beschaffungsobjekten: Wissenskapital. In den vergangenen Jahren hat sich der Investitionsgütereinkauf gerade in anlageintensiven Branchen stark weiterentwickelt. Anstatt bei jedem Beschaffungsprojekt neu zu beginnen, haben sich Kostenstrukturanalyse, Leitfäden und Zusammenarbeit mit den Fachbereichen etabliert.

Wissenskapital weist alle Eigenschaften einer Investitionsgüterbeschaffung gepaart mit dem klassischen Dienstleistungseinkauf auf. Während Deutschland noch stark in Beton investiert, sind die globalen Investitionen für Wissenskapital stark gestiegen. Denn Unternehmenskapital wird immer stärker in immateriellen Anlagen wie zum Beispiel der R&D-Abteilung oder Softwarelizenzen investiert. Das dort gebundene Vermögen wird häufig als sogenanntes Wissenskapital bezeichnet, beinhaltet es doch auch das in den Mitarbeitern gesammelte Organisationswissen.

Status der Investitionen in Wissenskapital

Die Bertelsmann Stiftung hat im Juli 2019 eine Studie zum aktuellen Status der globalen Investitionen in Wissenskapital herausgegeben („Internationaler Vergleich des sektoralen Wissenskapitals“). Laut dieser Studie gewinnt Wissenskapital für die Innovationsaktivität, die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit von modernen Volkswirtschaften zunehmend an Bedeutung. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern oder den USA ist der Einsatz in Deutschland sowohl im Dienstleistungssektor als auch in der Industrie sehr gering. Und auch bei der Betrachtung des Modernitätsgrads des Wissenskapitals liegt Deutschland hinter den Vergleichsländern zurück.

Grund dafür mag sein, dass der ökonomische Erfolg Deutschlands in der Vergangenheit, insbesondere als Exportnation, auf Branchen wie der Automobil-, Nutzfahrzeug-, Maschinenbau- oder Chemieindustrie beruhte. Wachstum in diesen Bereichen setzte bisher vor allem Erweiterungen der Produktion und Investitionen in das materielle Anlagevermögen voraus. Wenn in Zukunft allerdings neue Organisationslösungen, Weiterbildung oder Software wettbewerbsentscheidend sind, bedeutet dies, dass deutsche Unternehmen einen massiven Wandel in ihrem Investitionsverhalten vollziehen müssen.

Wissenskapital in Einkauf und Supply Chain

Einkauf und Supply Chain haben sich bisher nicht weit hervorgetan, wenn es darum ging, das eigene Wissenskapital zu entwickeln und auszubauen. Doch gerade hier liegt großes Potential verborgen. Das bereits vorhandene Wissen zu identifizieren, der Gesamtheit der Organisation zur Verfügung zu stellen und dieses Wissen weiterzuentwickeln, ist einer der Schlüssel, um im Einkauf einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen zu generieren. Dabei sollten sich die Investitionsaktivitäten des Einkaufs nicht nur auf das eigene Wissen beschränken. Vielmehr schafft der Einkauf dann einen Mehrwert, wenn er es als Teil seiner Aufgaben wahrnimmt, auch das Wissenskapital anderer Fachbereiche zu steuern und als Vorbild voranzugehen. Die alte Mentalität, sein persönliches Wissen als Alleinstellungsmerkmal und als Sicherung der eigenen Beschäftigung zu sehen, hat ausgedient.

Vorgehen bei der Investition in Wissenskapital

Hat eine Organisation einmal die Wichtigkeit des Wissenskapital erkannt, ist bereits der erste Schritt getan. Wichtig ist nun, nicht wahllos in die Beschaffung von weiterem Wissenskapital zu investieren, sondern zunächst den Status Quo zu analysieren: Welches Wissen ist bereits vorhanden? In welcher Form? Welches Wissen wird in Zukunft benötigt? Wie lässt sich dieses Wissen allen zugänglich machen? Sind diese Fragen erst einmal geklärt, kann der nächste Schritt erfolgen und die Investition in weiteres Wissenskapital geplant werden.

Wir unterstützen Sie mit unserer Erfahrung im Aufbau von Wissensdatenbanken für Einkauf und Supply Chain sowie bei der Entwicklung des vorhandenen Wissens mittels Coaching- oder Schulungsmaßnahmen.

 

Oliver Kreienbrink

Managing Director, ADCONIA GmbH (Oberhausen)

Vivien Koch

Consultant, ADCONIA GmbH (Oberhausen)