Recycling und Kreislaufwirtschaft – warum gebraucht kaufen eine sinnvolle Strategie für den Einkauf sein kann

Kostendruck und Rohstoff Knappheit haben in einigen Industrien wie Glas, Metallverarbeitung, Papier schon vor vielen Jahren dafür gesorgt, dass Einkauf und Entwicklung Hand in Hand gearbeitet haben um vermarktungsfähige Sekundärrohstoffe in Ihren Produkten einzusetzen oder neue Produkte zu entwickeln. Dieses Erfolgsmodell haben sich dann andere Industrien abgeschaut und versuchen nach wie vor dies langfristig zu etablieren. Behördlicher Druck des Einmalpfands hat die Recyclingquote im PET massiv nach oben getrieben, neue Maschinen haben die Möglichkeiten des Beton und Asphalt Recycling im Bausektor angekurbelt. Und wenn auch nur ein kleiner Teil der gesammelten Altmöbel wieder in neue Holzprodukte (wie beispielsweise eine Spanplatte) verwendet wird, so haben diese zumindest den Vorteil der vermeintlich sauberen thermischen Energiegewinnung. Selbst die vielen Sammlungen für Altkleider, wo die landläufige Meinung herrscht diese werden in arme Länder zum Weiterverkauf gebracht, stellen zum überwiegenden Teil heute einen Rohstoff für die Dämmung dar.

Die Öko Bewegung – was Fridays for Future mit dem Einkauf zu tun hat

In den Medien und in der Politik wird die Friday for Future Bewegung aktuell intensiv diskutiert. Nachhaltigkeit soll in viele Bereiche einziehen und die Auswirkung auf die Zukunft. “Why should I be studying for a future that soon may be no more, when no one is doing anything to save that future?” ist der Leitsatz von Greta Thunberg dem sich viele nationale und regionale Bewegungen angeschlossen haben. Nun mag jeder seine eigene Meinung zu der Bewegung haben aber unbestritten ist, dass sich durch diesen enormen Druck Auswirkungen für die Wirtschaft und somit auch für den Einkauf ergeben werden. Dies mögen Kostenfaktoren sein, die heute vielleicht auf der Strategieliste für viele Einkaufsabteilungen sind wie der CO² Footprint oder die CO² Bilanz des Unternehmens und der eingesetzten Produkte/ Materialien, welche über Emissionshandel oder mögliche CO² Steuer die Kosten der Produkte beeinflussen werden. Aber auch zeigt sich hier die Chance für den Einkauf neue Wege zu gehen.

Nachhaltigkeit als Werbemittel – Kommunikation ist ausschlaggebend

Die bereits erwähnten Industrien, die durch Recycling einen neuen Beschaffungsmarkt erschlossen haben, können dies zukünftig auch im Sinne es Marketing nutzen. Saft in einer Glasflasche verspricht nicht nur mehr geschmackliche Qualität, sondern auch die Verpackung selbst als Glasflasche ist nachhaltig, da sie zu 80% wieder in eine neue Flasche verwandelt wird. Demgegenüber stehen eine Vielzahl von vermeintlich günstigeren Verpackungsalternativen von einer PET Flasche bis hin zu einem Getränkekarton, welche auch einen gewissen Recycling Anteil aufweisen, der vom Kunden aber nicht in gleichem Umfang wahrgenommen wird. Das höchste Ansehen jedoch bekommen Rohstoffe, die mit geringem Aufwand wiederverwendet werden können (beispielsweise kein Einschmelzen des Glases sondern Reinigung und wieder Befüllung). Dies gibt es in der Industrie bereits seit langem. Ein klassisches Beispiel ist die Europalette gegenüber einer Einmalpalette ebenso wie Umlaufverpackungen, die immer wieder neu befüllt werden können.

Der Einfluss auf Unternehmen – wie sich der Einkauf anpassen muss

Ob die große Kundenbewegung zur positiven Wahrnehmung eines nachhaltigen Produktes mit der Bereitschaft zur Zahlung eines höheren Preises stärker stattfindet, als ein Abwandern und Social Bashing für Produkte, die nicht nachhaltig sind, mag man heute nur schwer voraus sagen. In jedem Fall führt es jedoch dazu, dass der Einkauf zukünftig die Nachhaltigkeit seines Einkaufsportfolios anders bewerten muss und Entscheidungskriterien überdenken sollte. Auch die von Politik und Gesellschaft verlangte Transparenz seiner Supply Chain (bis zum Lieferanten des Lieferanten Ihres Lieferanten) muss geschaffen werden. Nicht nur zukünftige, auch bereits getroffene Entscheidungen zur Einkaufsstrategie müssen durch Aspekte der Nachhaltigkeit neu bewertet werden. Wenn in vielen Industrien eine Verlagerung des Global Sourcing hin zu einem klimaneutralerem Local Sourcing nur unter extremen Kosten möglich ist, kann ggf. der Markt für sekundäre Rohstoffe eine kostengünstigere Alternative darstellen.

Selbst beim Einkauf von Investitionsgütern kann unter Umständen der Drittmarkt eine sinnvolle Alternative sein. Warum Büroausstattung neu kaufen und nicht nur gebraucht kaufen oder sogar leihen? Kann es wirtschaftlich sinnvoll sein ein Förderband gebraucht zu beziehen anstatt ein neues zu beziehen?

Notwendigkeit des Supply Chain Denkens

Um tatsächlich ein medienwirksames nachhaltiges Produkt zu entwickeln bedarf es einer Sichtweise, die den klassischen Verantwortungsbereich des Einkaufs verlässt. Mit der Produktentwicklung muss auch die nachhaltige Verpackungen des Endproduktes diskutiert werden und der Einkauf sollte nachhaltige Verpackungslösungen vorab bereits recherchiert haben. Alternativmaterial und alternative Lieferanten, die den Weg zur Nachhaltigkeit ermöglichen, sollten pro aktiv analysiert und getestet werden.

Die Auswirkungen eines möglichen Kreislaufes, also wie mein Produkt und meine Verpackung später wiederverwendet werden, sollten bedacht werden. Auch wenn es nur Verbrauchsteile meines Produktes sind, sollten diese durch den Einkauf bewusst betrachtet werden, da sonst ungeplante Bezugsnebenkosten entstehen. Um ein Beispiel zu nennen: Welche logistischen Anforderungen zu Transporten und Lagerung stellen sich, wenn eine kostenfreie Aufbereitung des alten Produktes bei Kauf eines neuen Produktes dem Kunden angeboten wird?

Man darf bei aller Euphorie aber auch die kulturellen Aspekte nicht vernachlässigen. Basiert mein sekundärer Rohstoff auf Industrieentsorgung, steigert das die Chance auf einen qualitativ hochwertigen Rohstoff. Bin ich jedoch auf die öffentliche Sammlung meines sekundären Rohstoffes angewiesen, so muss man qualitative Abstriche hinnehmen. Um hier ein prominentes Beispiel zu nennen, auf dass die Deutschen besonders stolz sind: In der Gelben Tonne landen in Großstädten bis zu 50 Prozent „Fehlwürfe“, beispielsweise Hausmüll statt Verpackungen. Mit diesem Material können Sortieranlagen nichts anfangen. Die Fehlwürfe werden aussortiert und anschließend meist verbrannt.

Zur Erschließung neuer Beschaffungsmärkte im Sinne der Sekundärrohstoffe ist ein „out of the box“ Denkansatz hinfreich– wenn Klarheit besteht, dass der benötigte Rohstoff an anderer Stelle als Entsorgung anfällt, gilt es die Fragen zu klären wie es eingesammelt werden kann und in welcher Form das Material aufbereitet werden kann und muss. Was sind unter Berücksichtigung dieser Faktoren reine Grenzbezugskosten? Kann ich über Kooperationen mit professionellen Aufbereitern und Spezialisten die Sammlung und Aufbereitung realisieren und optimieren?

Haben Sie schon mal von Social Plastic gehört? Setzt ihr Unternehmen bereits sekundäre Rohstoffe ein? Haben Sie nachhaltige Verpackungslösungen etabliert? Kennen Sie den Lieferanten des Lieferanten Ihres Lieferanten? Managen Sie Ihre Supply Chain nach nachhaltigen Aspekten? ADCONIA unterstützt Sie gerne auf dem Weg zur Nachhaltigkeit! Öko ist sexy!

 

Rainer den Ouden

Partner, ADCONIA GmbH (Oberhausen)

Sinja Krauskopf

Consultant, ADCONIA GmbH (Oberhausen)